Blick in die Zukunft
Die Zukunft ist etwas das jeden interessiert und deshalb ist die Menschheit immer auf der Suche nach Zeitmaschinen, Zeittoren oder Zeitfenstern, die einen Einblick in die Zukunft gewähren könnten. Was aber, wenn es uns gelänge die Zukunft vorauszusehen? Würden wir nicht vielleicht versuchen sie zu Ändern? Doch was tun wir, wenn die Änderung nicht das gewünschte Ergebnis bringt?
Der Präsident der Nationen der Vereinigten Erde schritt in seinem Büro auf und ab. Ein großer Berg Akten lag auf seinem Schreibtisch und wartete auf seinen prüfenden Blick. Im Moment konnte er sich jedoch nicht darauf konzentrieren, dazu war er viel zu aufgeregt. Jemand klopfte an die Tür.
„Herein“, Präsident Michael Kosov zog seinen Anzug gerade und faste sich.
Die Tür glitt auf und ein Mann trat ein. Es handelte sich um Joschuar Neuberg. Der darin bestrebt schien, alle Klischees eines Wissenschaftlers zu erfüllen. Er war schlank, hatte bereits graue und zerzauste Haare, trug eine Brille auf der Nase und hatte sich in einen langen, weißen Mantel gekleidet.
„Es ist so weit. Das Zeitfenster steht bereit“, der Wissenschaftler lächelte, glücklich darüber, diese Nachricht überbringen zu können.
„Danke“, der vielleicht mächtigste Mann der Erde erwiderte das Lächeln. Zwei Jahrzehnte hatte die Entwicklung gedauert. Unzählige Debatten und Diskussionen waren geführt worden. Nun wartete der ganze Planet gespannt auf die Ergebnisse, „Lassen sie uns sehen, wie es in der Zukunft aussieht.“
Die beiden Männer verließen das Büro.
Einige Minuten später betraten sie ein geräumiges Forschungslabor. Die weißen Wände verliehen ihm den Eindruck einer sterilen Atmosphäre. Das von der Decke abgegebene Licht ließ den Raum futuristisch erscheinen. Ein großer, metallisch glänzender Ring stand in der Mitte des Raumes. Einige Wissenschaftler standen an Konsolen und nahmen offenbar letzte Einstellungen vor. Der Präsident begrüßte kurz alle Anwesenden, darunter war auch eine ernst blickende Frau, die eine schwarze Uniform trug.
„Sezilia. Gut, das du auch da bist“, begrüßte Kosov seine Sicherheitsberaterin.
„Ich lasse mir diese Gelegenheit bestimmt nicht entgehen. Auch wenn ich nach wie vor Bedenken gegen das Projekt habe“, die Frau war nicht müde geworden, ihre Bedenken vor allem und jedem zu äußern, sodass der Präsident nun froh war, dass sie diesen Augenblick nicht durch eine neuerliche Aufzählung, aller Dinge, die schiefgehen könnten, zerstörte.
Der Präsident verstand die Bedenken der Frau, die annahm, dass die Kenntnis der Zukunft viel Platz für Missbrauch bot, aber er vertrat auch die Ansicht, dass dies ein wichtiger Schritt in der Entwicklung der Menschheit sein würde. Er ging neben die Frau, während Neuberg an die Steuerung trat.
„Dieses ist ein kurzer Augenblick in der Geschichte der Erde, aber ein großer Augenblick für alle Menschen“, sagte er, nachdem er sich vergewissert hatte, dass alle bereit waren, „Schalten sie es an.“
Der Wissenschaftler aktivierte das Gerät über einen kleinen Bildschirm. Zunächst summte nur Energie, dann begannen Blitze im Inneren des Rings hin und her zu zucken. Es wurden immer mehr, bis der gesamte Ring weiß glühte. Schließlich begann sich das Licht gleichmäßig zu verteilen.
„Wir sehen uns an, was Morgen hier, im Regierungssitz passiert“, erklärte Neuberg und drückte drei weitere Tasten.
Im Fenster veränderte sich etwas. Zuerst konnte man eine Menge von Menschen sehen, noch zu undeutlich um jemanden identifizieren zu können. Als Nächstes sahen die Anwesenden ein Podest. Das Bild wurde langsam schärfer. Die Gestalten bekamen Gesichter. Die Zeiger einer großen Wanduhr zeigten 11:55 Uhr.
„Das ist die morgige Presseversammlung“, erklärte die Sicherheitschefin.
Der Präsident nickte und sah sich selbst dabei zu, wie er auf das Podest stieg, um der Welt den Durchbruch bei der Zeitfenster-Technologie zu verkünden. Er blickte sich um, lächelte die Anwesenden an und setzte dann an eine gut vorbereitete Rede zu halten.
Plötzlich fiel ein Schuss. Der Präsident konnte sein erstes Wort nicht zu Ende bringen. Als er Zusammensackte umringten ihn Sicherheitsleute. Schritte ertönten und Menschen liefen in Panik umher. Dann verschwamm das Bild und verblasste schließlich ganz.
„Wir haben den Zeitstrahl verloren“, erklärte der Wissenschaftler.
„Mister Präsident. Wir müssen das Attentat auf sie unbedingt verhindern. Ich werde sofort die Sicherheitsmaßnamen verschärfen und sie sollten die morgige Konferenz absagen“, die Sicherheitschefin war sehr besorgt.
„Verschärfen sie die Sicherheitsmaßnamen. Aber ich werde die Pressekonferenz nicht absagen. Die Leute verlangen Information und die sollen sie bekommen“, sagte der Präsident energisch.
Am nächsten Tag fand die Pressekonferenz wie geplant statt. Die große Wanduhr zeigte 11:54 Uhr. Präsident Kosov schritt in Richtung des Podests, an seiner Seite liefen zwei wachsame Sicherheitsleute. Die Sicherheitschefin stand unterdessen neben dem Podest und überblickte den gesamten Raum. Der Präsident atmete einmal tief durch und machte den ersten Schritt auf das Podest. Eine Gruppe von Leuten drängte sich durch den Eingang. In ihren Händen hielten sie große Plakate, die die Gefahren des Blicks in die Zukunft zeigten. Die Demonstranten versuchten nach vorne zu gelangen. Sezilia sah einen von ihnen unter seinen Mantel greifen. Sie stürmte nach vorne und entsicherte ihre eigene Waffe, während sie ihren Mitarbeitern befahl, die Gruppe aufzuhalten. Der Präsident blickte in die Runde und lächelte die Anwesenden an. Sie erreichte den großen, stämmigen Mann. Dieser wollte stoppen, doch wurde von den nachfolgenden Leuten weiter gedrängt. Er stolperte und viel gegen Sezilia. Die Frau viel nach hinten und ein Schuss löste sich. Der Mann sah erschrocken zum Podest, die Kamera, die er in den Händen gehalten hatte, viel zu Boden und zerbrach.